Wir möchten gerne eine neue Serien etablieren, in der wir unsere Organo Phon Musiker/innen, die bei uns Einspielungen gemacht haben, vorstellen – und zwar mehr als nur ihren allgemeinen Lebenslauf.

Das ist die Rubrik: „Musiker im Portrait„.

Der erste Musiker, den wir gerne vorstellen möchten, ist Grigory Gruzman.

Der russisch-deutsche Pianist ist Professor an der Musikhochschule Franz Liszt Weimar. Dort unterrichtet er  nicht nur seit 2006, sondern ist auch Vorsitzender des internationalen Liszt Wettbewerbes für junge Pianisten. Gruzman ist viel auf Reisen, denn als konzertierender Pianist, Jurymitglied und Leiter internationaler Meisterkurse ist er sehr gefragt.

Dabei gibt es eigentlich noch viele weitere Dinge, die die meisten Menschen über Grigory Gruzman noch nicht wissen.
War Ihnen zum Beispiel bewusst, dass er sechs Sprachen (Russisch, Deutsch, Hebräisch, Spanisch, Französisch und Englisch) fließend sprechen kann?

Deshalb haben wir ihm 10 persönliche Fragen gestellt, damit Sie ihn noch besser kennenlernen können:

Sie sind schon lange in der Musik tätig. Haben sich denn Ihre musikalischen Vorlieben im Laufe der Jahre geändert?
Grigory Gruzman: Ein klares Jein. Im Wesentlichen – nicht. Die wertende Reihenfolge war aber durchaus schwimmend. Mal saß Mozart auf dem Königsthron, dann wieder Beethoven oder Rachmaninov. Aber eines Tages, vor vielen Jahrzehnten, hat sich Johann Sebastian Bach dahin gesetzt und ist für immer da geblieben.

Mögen Sie nur klassische Musik oder sind Sie auch offen für andere Musikrichtungen?
Grigory Gruzman: „Natürlich ist die klassische Musik mein Zuhause, meine Heimat, mein Asyl, mein Ein un Alles. Nichtsdestotrotz mache ich auch gerne Besuche und Ausflüge zu anderen Stilrichtungen. So mag ich Jazz sehr gerne und manche Lieder der Beatles, Michael Jackson und der 90er HipHop Gruppe „TicTacToe“ machen mir Spaß. Ich bin also nicht ‚klassisch-orthodox‘.“

Welcher Musiker / Pianist hat sie in Ihrem Leben am meisten beeinflusst?
Grigory Gruzman: Da gibt es mehrere. Vielleicht gar zu viele, um hier auf eine kurze Frage mit einer elend langen Aufzählung zu antworten.

Wenn Sie auf eine einsame Insel  mit Piano ziehen müssten, von welchem Komponisten möchten sie unbedingt Noten mitnehmen?
Grigory Gruzman: In diesem Fall würde ich flehen, zwei mitnehmen zu dürfen: Bach und Rachmaninov.

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Wenn Sie noch einmal studieren könnten, was wäre das? Gäbe es eine Alternative hierzu?
Grigory Gruzman: Es ist für mich eine leichte Übung, diese Frage zu beantworten.
Am liebsten würde ich noch einmal Musik studieren. Wenn nicht, dann gäbe es noch zwei Gebiete, die für mich unglaublich geheimnisvoll und ungeheuer anziehend sind:

1. Astronomie. Aber das scheidet leider automatisch aus, weil ich im Bereich der Mathematik nichts anderes als ein Vollpfosten bin.
2. Sprachwissenschaft. Wo und wie sind Sprachen entstanden? Wo kommen so viele Verästelungen her? Wo steuern Sprachen hin? Da gibt es eine endlose Reihe von Fragen…

Was macht Ihnen in Ihrem Beruf am meisten Spaß?
Grigory Gruzman:
Eigentlich alles. Denn mein Beruf (ich empfinde ihn viel eher als Berufung) ist auch mein Hobby. Das ist eine Einleitung zum Glücklich sein. Das schließt alles ein, sowohl die Konzerttätigkeit als auch die Pädagogik.

Haben Sie noch andere Hobbys?
Grigory Gruzman: Ja, Museumsbesuche. Früher gehörte auch Sport dazu, aber das gibt sich mit dem zunehmenden Alter.

Wie hieß das letzte Buch, das Sie gelesen haben?
Grigory Gruzman: „Musik und Medizin“ von Anton Neumayr. Als ich da das Kapitel über Robert Schumann und sein Leiden gelesen habe, musste ich heulen, wie ein Hund.

Was war Ihr liebstes Spielzeug als Sie klein waren?
Grigory Gruzman: Ein Pedalauto für Kinder. Habe ich aber nie selbst eines besessen.

Wovon haben Sie als kleiner Junge geträumt?
Grigory Gruzman: Von interstellaren Reisen, vom Sporttreiben auf dem Mond (1/6 der Erdanziehungskraft), vom Wiedererwachen 2.000 Jahre später. – Damals hatte ich einen Weltatlas im Taschenformat und habe nebenbei die Hauptstädte aller Länder auswendig gelernt.

Sie ernähren sich seit vielen Jahren vegetarisch. Was hat Sie dazu bewogen?
Grigory Gruzman: Wenn ich mich gut am Leben halten kann ohne dafür jemandem das Leben zu nehmen, dann bin ich sehr glücklich, dass dies so einfach gelingen kann.

Eine letzte Frage – wo fühlen Sie sich zu Hause und warum?http _www.hfm-wuerzburg.de_wp-content_uploads_2016_10_Grigory_Gruzman_web
Grigory Gruzman: Das ist für mich eine der schwierigsten Fragen schlechthin.

1980 habe ich das Rhein-Main-Gebiet kennengelernt. Damals habe ich, noch als Studierender der Hochschule für Musik Freiburg, als einer der jüngsten Dozenten Deutschlands eine eigene Klavierklasse an der Akademie für Tonkunst Darmstadt nach einer gewonnenen Bewerbung übernommen. Werner Hoppstock, der damalige Direktor, hat mir durch seine menschliche und musikalische Zuwendung als erster Mensch im Rhein-Main-Gebiet das Gefühl des Heimatlichen gegeben, über all die gemeinsamen Akademie-Jahre hindurch.

Natürlich bin ich mir immer dessen bewusst, dass ich gebürtig aus Russland stamme. Die Hauptprägung, bis zum 18. Lebensjahr, habe ich in dortigem Teil Europas bekommen. Russische Kultur (Musik, Literatur, Malerei, Sprache, etc.) prägt mich sehr stark. Aber das ist nur ein Teil von mir.

Deutschland war auch von Anfang an prägend für mich: Bach, Mozart (der sich in Briefen an seinen Vater mehrmals als einen Deutschen bezeichnet), Haydn (Komponist der Deutschen Nationalhymne), Beethoven (Komponist der Europa-Hymne), Schubert, Schumann, Liszt (ein echter Europäer mit ungarischen Wurzeln und mit Deutsch als Muttersprache), Brahms… Wo sonst ist ein klassischer Musiker geistig beheimatet?

Aber auch die deutsche Literatur (die Brüder Grimm, Stefan Zweig, Erich Maria Remarque, Heinrich Heine…), deutsche Philosophie (Arthur Schopenhauer), deutsche Malerei (Lucas Cranach, Carl Spitzweg, Albrecht Dürer, Hans Holbein) um nur Einiges zu nennen, waren und sind für mich wichtig und prägend.

Ob in Berlin, Oberhausen oder in Hamburg spüre ich sofort, dass ich in Deutschland bin, aber im Rhein-Main-Gebiet ist dieses Gefühl noch stärker, alles ist durch Hunderte, schwer zu bemerkende und ebenso schwer zu beschreibende Details vertrauter, näher, lieber. Aber am wichtigsten sind wahrscheinlich Menschen, die auch hier leben, denen ich nahe stehe oder nahe stand, die mir eine Art von Verankerung im Leben gegeben haben. Richard Berg, mein Konzertagent, sei hier genannt, als ein Freund, der mir seit Jahrzehnten viele Wege geebnet hat und immer wieder unschätzbare Hilfestellungen zukommen ließ.

Der Prozess meiner „Heimatisierung“ oder der „Verheimatung“ im Rhein-Main-Gebiet dauert also seit fast 40 Jahren an, Schritt für Schritt… Meinen Wohnsitz hatte ich bereits in Darmstadt, Klein-Zimmern, Griesheim, Ober-Ramstadt, Webern im Modautal, Dieburg. Und seit 13 Jahren wohne ich jetzt in Walldorf.

 


 

Die gesamte Vita Gruzmans und seine Konzerttermine finden Sie auf der Webseite: www.gruzman.com.

Und wenn Sie Gruzman auch bei sich zu Hause hören möchten, seine CD’s
Frédéric Chopin
Études Op. 10 & Op. 25“ und „Bach-Gershwin-Gulda“ können Sie in unserem Webshop kaufen.